"Such Dir Arbeit!" trotz Erwerbsminderungsrente - Eure Erfahrungen?
Verfasst: Di 16. Feb 2021, 14:52
Hi,
geht es Euch Erwerbsgeminderten manchmal auch so, dass Euch Faulheit unterstellt wird, und dass Euch direkt oder indirekt durch die Blume mitgeteilt wird "Du siehst gar nicht krank aus, geh deswegen arbeiten!"?
Ich bin 55 und seit 2015 Erwerbsminderungsrentner. Im Jahr 2018 wurde mir eine unbefristete volle Erwerbsminderungsrente bewilligt. Ich bin nicht mehr belastbar aufgrund von Burnout- und Mobbingerfahrungen auf meinen ehemaligen Arbeitsstellen im IT-Bereich, und ich nehme ein Neuroleptikum, weil ich sonst in einen Zustand von, ich nenne ihn mal Hochsensibilität und Gedankenkreisen gerate. Mein letzter Psychologe meinte zu mir, ich sein ein "Grenzfall zwischen Psychose und blühender Phantasie".
Ich bin also aus psychischen Gründen erwerbsgemindert, aber nicht aus körperlichen Gründen, obwohl ich ab und zu Rückenbeschwerden habe, aber das scheint üblich zu sein für mein Alter.
Ich sehe für Dritte von außen betrachtet fit aus.
Und deswegen ist mein Eindruck, dass es offensichtlich nicht so wenige Leute gibt, die, wenn sie wüssten, dass ich erwerbsgemindert bin, mir sagen würden, ich solle meine Rente aufgeben und mir einen Job suchen. Weil mir ja rein äußerlich nichts fehlt, kein Bein ab, der Kopf noch dran, ich trage ihn nicht unterm Arm, um mich mal salopp auszudrücken.
Dass ich auf meine Rente verzichte und mir stattdessen einen 450-Euro-Job suchen sollte, um nicht auf Sozialleistungen angewiesen zu sein hatte mir eine ehemalige Arbeitskollegin per Mail im Jahr 2018 geschrieben (sie meinte übrigens fälschlicherweise, ich müsse keine Krankenkassenbeiträge bei Ausübung eines Mini-Jobs bezahlen), da ich damals gerade ein paar 10.000 Euro geerbt hatte. Da ich mit ihrem Vorschlag nicht einverstanden war und ich nicht einsehe, auf meine Rente zu verzichten, habe ich ihr per Mail damals entrüstet geantwortet. Daraufhin kam keine Antwort mehr von mir, bis heute nicht.
Meine EM-Rente beträgt zurzeit netto ca. 575 Euro. Wohngeldberechtigt bin ich (noch) nicht wegen meines Erbes. Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII habe ich auch (noch) nicht.
Anderes Beispiel:
Mit den Angestellten in einem Supermarkt in meiner Nähe hatte ich vor ein paar Jahren ein gutes Verhältnis, ich erzählte ihnen immer etwas von meiner jeweiligen Situation, wie z. B. von meinen beruflichen Rehamaßnahmen von vor ein paar Jahren und vor meinem Eintritt in die Erwerbsminderungsrente. Und als ich meine Rente bewilligt bekam, habe ich das auch einigen Angestellten in diesem Supermarkt erzählt.
Irgendwann fiel mir auf, dass eine dieser Angestellten mich nicht grüßte, wenn ich den Supermarkt betrat. Stattdessen begrüßte sie Altersrentnerinnen von sich aus als Erste mit deren Nachnamen, die mit mir quasi zeitgleich den Supermarkt betraten. Das ist mir mehrmals aufgefallen. Auch beim Hausarzt im Nebenhaus des Supermarkts hatte mich diese Supermarktangestellte als eine der Wartenden nicht gegrüßt, obwohl ihr mein Gesicht seit Jahren bekannt war.
Irgendwann habe ich mich ausgegrenzt von ihr gefühlt im Sinne von "Diese Angestellte denkt sicherlich, dass ich arbeiten kann, aber zu faul dazu bin".
Und deswegen gehe ich nicht mehr in besagtem Supermarkt einkaufen. Das schon seit Jahren nicht mehr. Aus dieser Erfahrung habe ich die Erkenntnis gewonnen, nicht x-beliebigen Leuten von meiner Erwerbsminderungsrente zu erzählen.
Meine Tante ist aber auch von diesem Kaliber. Sie ist auch der Meinung, dass ich noch arbeiten könne. Dabei ist ihr mittlerweile verstorbener Ehemann mit 57 in den Vorruhestand gegangen und hat bis zu seinem Tode vor 2 Jahren auch nicht mehr gearbeitet. Sie hat ihn sicherlich nie aufgefordert, sich nach seinem Eintritt in den Vorruhestand einen neuen Job zu suchen.
Der letzte Vorfall dieser Art fand heute statt. In meinem Haus, in dem ich mit anderen Mietparteien wohne, ist bekannt, dass ich "Frührentner" bin. Heute morgen um 07:30 Uhr, beim Verlassen des Hauses zwecks Einkaufengehen in einem Supermarkt, treffe ich auf einen Nachbarn, der gerade von der Arbeit nach Hause kommt. Er arbeitet bei der hiesigen Stadt im Außenbereich und teilte mir mit, dass er gerade vom Schnee- und Eisbeseitigen nach Hause kommt und heute deswegen um 03:00 Uhr aufgestanden ist. Teilt mir mit, dass ich beim Verlassen des Hauses aufpassen solle nicht auf dem Schnee und dem Eis auszurutschen.
An und für sich klingt das harmlos, was er da zu mir gesagt hat. Für mich klang das aber so, dass er sich für meine Sicherheit auf den Fußwegen nachts den Hintern aufreißen muss, während ich es in meiner Wohnung schön warm habe (vor ein paar Tagen war es hier nachts -16 Grad kalt) und so lange schlafen kann wie ich möchte. Und ich deswegen eine faule Sau sei. Was er aber nicht gesagt hat.
Ihr könntet das vielleicht anders sehen.
Man könnte auch meinen, dass er nur freundlich zu mir war, aber ich sehe das anders: Er ist ein bekennender Neonazi und machte phasenweise mit einer anderen Nachbarin hier im Haus gegen eine dritte Mietpartei, die hier im Haus wohnt, mobil, bei der es sich um eine Roma-Familie handelt. Diese Roma-Familie wurde von Beiden mehrmals durch Aushänge im Treppenhaus gemobbt, weswegen der Vermieter offensichtlich gegenüber den Beiden eingriff und sie vielleicht abmahnte. Denn unser Vermieter hat sich eindeutig öffentlich gegen Rechts positioniert.
Was wohl im Kopf eines Neonazis vorgeht, wenn er an Erwerbslose denkt? Ich bin der Meinung, er wertet sie ab. Sowohl Arbeitslose wie auch "Frührentner". Und macht sich dabei gar keinen Kopf darum, warum es Arbeitslose und "Frührentner" gibt. Denn je rechter jemand denkt, desto hierarchischer denkt er oder sie: Erwerbslose stehen ihm oder ihr zufolge fast ganz unten. Null Empathie für die jeweilige Situation der Betroffenen. Wahrscheinlich denkt so ein Neonazi auch, dass "Hartz IV" noch viel zu lasch ausgelegt ist, denen müsse man die Leistungen noch mehr kürzen und am besten einen Reichsarbeitsdienst etablieren, weil damals unter A.H.
Dies zu meinen Erfahrungen als Erwerbsminderungsrentner und der direkt oder indirekt geäußerten Aufforderung durch Dritte, ich solle wieder arbeiten gehen.
Welche Erfahrungen habt Ihr denn in dieser Hinsicht gemacht?
Viele Grüße
Defekt
geht es Euch Erwerbsgeminderten manchmal auch so, dass Euch Faulheit unterstellt wird, und dass Euch direkt oder indirekt durch die Blume mitgeteilt wird "Du siehst gar nicht krank aus, geh deswegen arbeiten!"?
Ich bin 55 und seit 2015 Erwerbsminderungsrentner. Im Jahr 2018 wurde mir eine unbefristete volle Erwerbsminderungsrente bewilligt. Ich bin nicht mehr belastbar aufgrund von Burnout- und Mobbingerfahrungen auf meinen ehemaligen Arbeitsstellen im IT-Bereich, und ich nehme ein Neuroleptikum, weil ich sonst in einen Zustand von, ich nenne ihn mal Hochsensibilität und Gedankenkreisen gerate. Mein letzter Psychologe meinte zu mir, ich sein ein "Grenzfall zwischen Psychose und blühender Phantasie".
Ich bin also aus psychischen Gründen erwerbsgemindert, aber nicht aus körperlichen Gründen, obwohl ich ab und zu Rückenbeschwerden habe, aber das scheint üblich zu sein für mein Alter.
Ich sehe für Dritte von außen betrachtet fit aus.
Und deswegen ist mein Eindruck, dass es offensichtlich nicht so wenige Leute gibt, die, wenn sie wüssten, dass ich erwerbsgemindert bin, mir sagen würden, ich solle meine Rente aufgeben und mir einen Job suchen. Weil mir ja rein äußerlich nichts fehlt, kein Bein ab, der Kopf noch dran, ich trage ihn nicht unterm Arm, um mich mal salopp auszudrücken.
Dass ich auf meine Rente verzichte und mir stattdessen einen 450-Euro-Job suchen sollte, um nicht auf Sozialleistungen angewiesen zu sein hatte mir eine ehemalige Arbeitskollegin per Mail im Jahr 2018 geschrieben (sie meinte übrigens fälschlicherweise, ich müsse keine Krankenkassenbeiträge bei Ausübung eines Mini-Jobs bezahlen), da ich damals gerade ein paar 10.000 Euro geerbt hatte. Da ich mit ihrem Vorschlag nicht einverstanden war und ich nicht einsehe, auf meine Rente zu verzichten, habe ich ihr per Mail damals entrüstet geantwortet. Daraufhin kam keine Antwort mehr von mir, bis heute nicht.
Meine EM-Rente beträgt zurzeit netto ca. 575 Euro. Wohngeldberechtigt bin ich (noch) nicht wegen meines Erbes. Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII habe ich auch (noch) nicht.
Anderes Beispiel:
Mit den Angestellten in einem Supermarkt in meiner Nähe hatte ich vor ein paar Jahren ein gutes Verhältnis, ich erzählte ihnen immer etwas von meiner jeweiligen Situation, wie z. B. von meinen beruflichen Rehamaßnahmen von vor ein paar Jahren und vor meinem Eintritt in die Erwerbsminderungsrente. Und als ich meine Rente bewilligt bekam, habe ich das auch einigen Angestellten in diesem Supermarkt erzählt.
Irgendwann fiel mir auf, dass eine dieser Angestellten mich nicht grüßte, wenn ich den Supermarkt betrat. Stattdessen begrüßte sie Altersrentnerinnen von sich aus als Erste mit deren Nachnamen, die mit mir quasi zeitgleich den Supermarkt betraten. Das ist mir mehrmals aufgefallen. Auch beim Hausarzt im Nebenhaus des Supermarkts hatte mich diese Supermarktangestellte als eine der Wartenden nicht gegrüßt, obwohl ihr mein Gesicht seit Jahren bekannt war.
Irgendwann habe ich mich ausgegrenzt von ihr gefühlt im Sinne von "Diese Angestellte denkt sicherlich, dass ich arbeiten kann, aber zu faul dazu bin".
Und deswegen gehe ich nicht mehr in besagtem Supermarkt einkaufen. Das schon seit Jahren nicht mehr. Aus dieser Erfahrung habe ich die Erkenntnis gewonnen, nicht x-beliebigen Leuten von meiner Erwerbsminderungsrente zu erzählen.
Meine Tante ist aber auch von diesem Kaliber. Sie ist auch der Meinung, dass ich noch arbeiten könne. Dabei ist ihr mittlerweile verstorbener Ehemann mit 57 in den Vorruhestand gegangen und hat bis zu seinem Tode vor 2 Jahren auch nicht mehr gearbeitet. Sie hat ihn sicherlich nie aufgefordert, sich nach seinem Eintritt in den Vorruhestand einen neuen Job zu suchen.
Der letzte Vorfall dieser Art fand heute statt. In meinem Haus, in dem ich mit anderen Mietparteien wohne, ist bekannt, dass ich "Frührentner" bin. Heute morgen um 07:30 Uhr, beim Verlassen des Hauses zwecks Einkaufengehen in einem Supermarkt, treffe ich auf einen Nachbarn, der gerade von der Arbeit nach Hause kommt. Er arbeitet bei der hiesigen Stadt im Außenbereich und teilte mir mit, dass er gerade vom Schnee- und Eisbeseitigen nach Hause kommt und heute deswegen um 03:00 Uhr aufgestanden ist. Teilt mir mit, dass ich beim Verlassen des Hauses aufpassen solle nicht auf dem Schnee und dem Eis auszurutschen.
An und für sich klingt das harmlos, was er da zu mir gesagt hat. Für mich klang das aber so, dass er sich für meine Sicherheit auf den Fußwegen nachts den Hintern aufreißen muss, während ich es in meiner Wohnung schön warm habe (vor ein paar Tagen war es hier nachts -16 Grad kalt) und so lange schlafen kann wie ich möchte. Und ich deswegen eine faule Sau sei. Was er aber nicht gesagt hat.
Ihr könntet das vielleicht anders sehen.
Man könnte auch meinen, dass er nur freundlich zu mir war, aber ich sehe das anders: Er ist ein bekennender Neonazi und machte phasenweise mit einer anderen Nachbarin hier im Haus gegen eine dritte Mietpartei, die hier im Haus wohnt, mobil, bei der es sich um eine Roma-Familie handelt. Diese Roma-Familie wurde von Beiden mehrmals durch Aushänge im Treppenhaus gemobbt, weswegen der Vermieter offensichtlich gegenüber den Beiden eingriff und sie vielleicht abmahnte. Denn unser Vermieter hat sich eindeutig öffentlich gegen Rechts positioniert.
Was wohl im Kopf eines Neonazis vorgeht, wenn er an Erwerbslose denkt? Ich bin der Meinung, er wertet sie ab. Sowohl Arbeitslose wie auch "Frührentner". Und macht sich dabei gar keinen Kopf darum, warum es Arbeitslose und "Frührentner" gibt. Denn je rechter jemand denkt, desto hierarchischer denkt er oder sie: Erwerbslose stehen ihm oder ihr zufolge fast ganz unten. Null Empathie für die jeweilige Situation der Betroffenen. Wahrscheinlich denkt so ein Neonazi auch, dass "Hartz IV" noch viel zu lasch ausgelegt ist, denen müsse man die Leistungen noch mehr kürzen und am besten einen Reichsarbeitsdienst etablieren, weil damals unter A.H.
Dies zu meinen Erfahrungen als Erwerbsminderungsrentner und der direkt oder indirekt geäußerten Aufforderung durch Dritte, ich solle wieder arbeiten gehen.
Welche Erfahrungen habt Ihr denn in dieser Hinsicht gemacht?
Viele Grüße
Defekt