Hallo Boo,
Ich stell dir hier mal einige Auszüge aus meiner Facharbeit rein, die relevant sein dürften (vorsicht lang
):
Was soll in einer Patientenverfügung festgelegt werden?
o Exemplarische Situationen, für die diese Verfügung gelten soll
o Festlegungen zu Einleitung, Umfang oder Beendigung bestimmter ärztlicher Maßnahmen
• Schmerz- und Symptombehandlung (z.B. Schmerzen, Atemnot, Angst und Erbrechen
• Künstliche Ernährung (durch Port, PEG, Magen- oder Nasensonde)
• Künstliche Flüssigkeitszufuhr (z.B. durch Infusionen aller Art)
• Wiederbelebung (soll der Notarzt gerufen werden?)
• Künstliche Beatmung
• Dialyse (Blutwäsche)
• Antibiotika (ablehnen, auch im Fall einer Lungenentzündung, um starken Husten zu lindern?)
• Blut / Blutbestandteile
o Ort der Behandlung (zu Hause, im Pflegeheim, im Hospiz) / Beistand
o Aussagen zur Verbindlichkeit, zur Auslegung und Durchsetzung und zum Widerruf der Patientenverfügung
o Hinweis auf beigefügte Erläuterungen zur Patientenverfügung (Werte)
o Organspende
und zuletzt das wichtigste, denn es nützt die bestformulierte Patientenverfügung nichts, wenn man niemanden hat, der sich für einen einsetzt:
o Wer ist dafür zuständig, dass die Patientenverfügung in meinem Sinne umgesetzt wird – wer ist im Fall der Fälle mein Betreuer? Vielleicht habe ich sogar mehrere benannt, falls einmal einer ausfällt?
o „In Situationen, die in dieser Patientenverfügung nicht konkret geregelt sind, ist mein mutmaßlicher Wille möglichst im Konsens aller Beteiligten zu ermitteln. Dafür soll diese Patientenverfügung als Richtschnur maßgeblich sein. Die letzte Entscheidung über anzuwendende oder zu unterlassende ärztliche / pflegerische Maßnahmen liegt bei meinen Bevollmächtigten.“
Was soll beim aussuchen / ausfüllen einer Patientenverfügung beachtet werden?
(Vgl., Deutsche Hospiz Stiftung – Fragen zur Prüfung von Vorsorgedokumenten)
1. Keine Formulare zum ankreuzen verwenden!
Diese Kreuze sind schnell gemacht – auch von anderen. Außerdem wird das Formular unwirksam wenn plötzlich das Kreuz sowohl bei „ja“ als auch bei „nein“ einer Frage steht.
2. „Mache ich in meiner Patientenverfügung deutlich, aus welcher individuellen Motivation heraus ich diese erstellt habe?“ (Deutsche Hospiz Stiftung – s.o.)
Bedingt durch individuelle Vergangenheit und Lebensgeschichte hat jeder eine andere Einstellung zu Medizin und medizinischen Maßnahmen. Gründe wie:
a. „Im Fernsehen habe ich gesehen, dass … „
b. „Die Menschen in Deutschland sterben unwürdig …“
c. „Ich kenne den Pflegenotstand aus eigener Erfahrung … „
können nicht helfen, die wirklichen Einstellungen herauszufinden.
Der Mensch / Patient sollte ganz genau seine „Schreckgespenster“ nennen und …
3. so konkret wie möglich seine Wünsche darlegen und schwammige Formulierungen wie:
• „Falls mein Leben nicht mehr erträglich sein sollte …“
• „ … will ich nicht an Schläuchen hängen.“ (Schläuche gibt es viele – auch eine Infusion ist schon ein Schlauch – und wer will schon auf eine Infusion verzichten, z.B. auf eine Schmerzmittelinfusion?)
• „ … möchte ich nicht mit Maßnahmen der Apparatemedizin behandelt werden.“ (Kein EKG? Kein EEG?)
• „ … soll man mich in Ruhe sterben lassen.“
zu vermeiden.
Für den behandelnden Arzt sind solche Äußerungen zu allgemein gehalten. Es kann dazu führen, dass die Patientenverfügung nicht befolgt wird und andere die Verfügung nach IHREN Vorstellungen interpretieren.
4. „Bezieht sich die Patientenverfügung auf konkrete Krankheitszustände? Wird deutlich, dass sie nach ausreichender Information verfasst ist?“
Während meines Praktikums erlebte ich immer wieder, dass Patienten – gerade vor Operationen oder bei schweren Erkrankungen um eine Patientenverfügung baten.
In solchen Fällen ist – um auf individuelle Situationen die persönliche Vorstellungen und Formulierungen zu finden – ein Informationsgespräch erforderlich. Es bieten sich Ärzte verschiedener Fachrichtungen oder ausgebildete Berater für Patientenverfügungen an. Diese Beratung soll auch in der Patientenverfügung dokumentiert werden.
5. Vorsichtig sollte man auch sein mit generellen Festlegungen und Verzichtserklärungen!
Medizinische und pflegerische Maßnahmen können Leben retten oder Leiden lindern. Im Ernstfall könnten Pauschalisierungen wie:
• „Ich schließe grundsätzlich künstliche Beatmung aus …“
• „Ich schließe grundsätzlich künstliche Ernährung aus …“
zu einem ungewollten Behandlungsabbruch führen.
Heutzutage kann sich jeder ganz genau über Themen wie „künstliche Ernährung“ – z.B. durch die Broschüre des Bundesministeriums der Justiz „Künstliche Ernährung und Flüssigkeitsversorgung“ informieren. Werte und Wünsche können sich im Alter und bei Krankheiten ändern. Deshalb ist es erforderlich, die Patientenverfügung regelmäßig zu überdenken und die Aussagen anzupassen.
6. „Fordert man einen „Mindestbestandteil“ an modernen Formen der Sterbebegleitung ein?“
Man kann in einer Patientenverfügung nicht nur ablehnen sondern auch fordern!
• „Moderne Formen der Sterbebegleitung“
• „Palliativmedizin“
• „Schmerztherapie“
• „Hospizbegleitung“
7. „Ist man über die Risiken und das Verbot aktiver Sterbehilfe informiert?“
Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten. Eine Patientenverfügung, die eine solche Formulierung beinhaltet, ist nicht bindend.
8. „Sind die Dokumente formal richtig ausgestellt?“
Dokumente müssen eine bestimmte Form haben – wobei die Grundform letztendlich egal ist. Wichtig ist, dass folgendes vorhanden ist:
• Unterschrift und Datum unter die Dokumente ist zwingend erforderlich
• Empfehlenswert ist eine Bestätigung der Geschäftsfähigkeit durch den Hausarzt
• Wunschbetreuer und Bevollmächtigten eventuell als Zeugen unterschreiben lassen
9. „Wurde eine Vertrauensperson einbezogen?“
Das Einbeziehen von Vertrauenspersonen, mit denen alles besprochen wurde, ist sehr wichtig. Das können Familienangehörige, Freunde, Ärzte oder Therapeuten sein. Wichtig ist auf jeden Fall, dass der künftige Bevollmächtigte informiert ist.
Allerdings soll man sich auch darüber Gedanken machen:
• Kein Mensch kann in die Zukunft schauen – ich verzichte unter Umständen auf Behandlungen, die heute noch nicht bekannt sind.
• Aussichtsreiche Behandlungen könnten unterlassen werden, wenn sie bei Unterzeichnung noch nicht bekannt waren. Der Behandlungsabbruch hat dann keine Konsequenzen für die behandelnden Ärzte.
• Wenn eine Patientenverfügung vorhanden ist kann es in der heutigen Zeit schnell geschehen, dass lebenserhaltende Maßnahmen vorschnell abgebrochen werden. Der Kostendruck im Gesundheitswesen nimmt immer mehr zu. Das Leben des Pflegeabhängigen könnte unter diesen Umständen nicht mehr als lebenswert erachtet werden.
• Meine Einstellungen, Werte und Normen könnten sich mit zunehmender Krankheit / Demenz ändern. Bin ich dann auch noch der gleichen Meinung wie heute
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Hoffe, das bringt dich weiter!
LG Gabi