Übersicht über die wesentlichen Änderungen und Anmerkungen
zu den geplanten Änderungen im SGB II nach dem Referentenentwurf zu
den Änderungen im SGB II/SGB XII in der Fassung vom 20.10.2010
Harald Thomé /// Stand: 25.10.2010
Grundsätzliches
In der Folge der BVerfG-Entscheidung wurde der Anspruch auf »die Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums« ins SGB II aufgenommen. Gemäß § 1 Abs. 1 SBG II - E soll die Grundsicherung für Arbeitsuchende den Leistungsberechtigten die Führung eines
Lebens ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht.
Anmerkung:
es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass die Menschenwürde sich nicht nur in übergeordneten Gesetzen findet, sondern nunmehr im SGB II selbst.
Änderung Leistungsanspruch / Übergänge aus anderen Leistungen / vorrangige Leistungen
Ein Teil der Zahlungslücke beimÜbergang von SGB II in die Altersrente entfällt durch Zuschusszahlung von ALG II (§ 7a S. 1 SGB II - E) für den ersten Monat (Geburtstag bis Beginn Rente). Die Zahlungslücke im zweiten Monat aufgrund nachträglicher Rentenzahlung besteht im bisherigen Umfang weiterhin, ebenso wie die Zahlungslücken bei allen anderen
Renten (EU/BU).
Anmerkung:
Dies stellt eine Verbesserung dar. Diese ist aber nicht vollständig, da der Anspruch weiterhin über § 38 SGB XII als vorrübergehende Notlage beim Sozialamt geltend gemacht werden muss.
Die Zahlungslücke bei Aufnahme einer Ausbildung wird zum Teil geschlossen, indem jetzt geregelt wird, dass ALG II - Leistungen zur Vermeidung einer Zahlungslücke für den ersten Monat als Darlehen erbracht werden können (§ 27 Abs. 4 S. 3 SGB II – E). Damit ist
das Problem auch hier nur zum Teil gelöst, da im BAföG – Bereich ein Anspruch auf Vorschuss frühestens sechs Wochen nach Antragstellung besteht (§ 51 Abs. 2 BAföG), zudem bedeutet Anspruch noch nicht Zahlung.
Anmerkung:
Auch hier eine Verbesserung, die aber nicht vollständig ist. Hier sind für die Zeit nach dem ersten Monat über die neue Härtefallklausel Ansprüche geltend zu machen.
Rückwirkung des Antrages auf Monatsbeginn. Im neugefassten § 37 Abs. 2 S. 1 SGB II
– E wirkt der gestellte Antrag auf Beginn des Monats zurück in dem der Antrag gestellt wurde. Eine auf jeden Fall zu begrüßende Regel, die aber nunmehr „geschickte Antragstellung“ ausschließt, nach der Einkommen, das einen Tag vor der Antragstellung zugeflossenen ist, dem Vermögen zuzuordnen ist.
Anmerkung:
Positiv zu werten, nachteilig für wenige Antragsspezialisten.
Gesonderte Beantragung von Erstausstattung und Bildungsleistung, die nicht mehr vom Grundantrag umfasst sind und nunmehr gesondert beantragt werden müssen. Es handelt sich dabei um folgende Leistungen:
unabweisbarer Bedarf (§ 24 Abs. 1), nicht von der Regelleistung umfasster Bedarf wie ErstausstattungWohnung, bei Schwangerschaft und Geburt und Anschaffung und Reparatur orthopädischer Schuhe. Reparatur therapeutischer Geräte (§ 24 Abs. 3). Sowie Leistungen aus dem Bildungspaket wie Klassenfahrten und Ausflüge (§ 28 Abs. 2 S. 1 + 2), Lernförderung (abs. 4) und Mittagsessen (Abs. 5).
Anmerkung:
deutliche Verschlechterung zum vorherigen Recht. Viele Leute werden wegen Unkenntnis des Anspruchs rückwirkend nichts mehr bekommen.
Hilfebedürftig ist nur derjenige der seinen Lebensunterhalt nicht mit Einkommen und Vermögen sicherstellen kann und die erforderliche Hilfe »insbesondere von Angehörigen« oder Trägern anderer Sozialleistungen nicht erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II - E). ,
Anmerkung:
Mit der Regelung wird die Nachrangstellung vom SGB II deutlich rausgearbeitet, sie könnte dazu führen, dass jemand, bevor er Leistungen erhält, nachweisen muss, dass er bei Angehörigen und anderen Leistungsträgern Anträge gestellt und Vorschüsse beantragt hat. Bei
restriktiver Handhabung könnte das eine drastische Verschärfung werden.
Bei wechselnden Einkünften keine Pflicht (mehr) zur Inanspruchnahme von Wohngeld und Kinderzuschlag bei einem Zeitraum von unter drei Monaten (§ 12a S. 1 Nr. 2 SGB II - E), ist eine Zugunsten Regelung.
Anmerkung:
Positive Entwicklung, da damit das Verschieben in andere Leistungssysteme ein Stück aufhört. Nachteilig, da die 30 EUR VS- Pauschale bei zurückgeflossenem Kindergeld beim Kindergeldberechtigten wegfallen. Anderseits bei KiZ entfällt durch Geltendmachung des
wirtschaftlichen Nachteils sowieso der Anspruch (§ 6a Abs. 5 S. 1 BKGG) und der Betroffene hat dann einWahlrecht zwischen KiZ und SGG II- Leistungen.
Erreichbarkeitsverpflichtung: ein Teil der Regeln der alten EAO ist nun mittelbar ins Gesetz aufgenommen und auf Erwerbsfähige präzisiert worden, außerdem darauf, dass kein Leistungsanspruch besteht, wenn man sich ohne Zustimmung außerhalb – eines nicht näher definierten – orts- und zeitnahen Bereichs befindet und deshalb nicht für die Eingliederung in Arbeit zur Verfügung steht (§ 7 Abs. 4a SGB II - E). Dann werden wichtige Gründe zur Zustimmungserteilung festgelegt, bei denen »insbesondere« die Zustimmung zu erteilen ist und diese sogar ohne wichtigen Grund erteilt werden kann, ferner Anspruch auf drei Wochen
amtliche Unerreichbarkeit. In § 13 Abs. 3 SGB II - E ) Ermächtigungsgrundlage für eine EAO-Vo kann nach Maßgabe des BMAS ohne Zustimmung des Bundesrates ersetzt werden. Die alte Erreichbarkeitsanordnung gilt bis zum Erlass der neuen Verordnung (§ 77
Abs. 1 SGB II - E).
Anmerkung:
Mit der nunmehr vorgelegten Gesetzesfassung (20.10.) sind gegenüber altem Recht einige Besserungen eingebaut, das Kernproblem der Residenzpflicht bleibt aber weiterhin bestehen.
Da § 77 SGB II - E bestimmt, dass die alte EAO bis Erlass einer neuen EAO gilt und diese möglicherweise nicht vor Jahresbeginn erlassen wird, könnte hier ein kleines Problem entstehen, da alte EOA und neuer Gesetzestext sich zum Teil widersprechen.
Weiteres dazu kann man unter folgendem Link nachlesen:
http://www.harald-thome.de/media/files/ ... rung-Haral...
Übersicht wesentlichen Änderungen SGB II
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- Miko
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Re: Übersicht wesentlichen Änderungen SGB II
Es bleibt nach wie vor in Teilen unverständlich, weil manches als Auslegungssache rüberkommt.
Gruß
Miko
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