Schlaganfall
Verfasst: So 16. Dez 2012, 01:39
Nächste Woche habe ich 17. Jahrestag.
Eigentlich mag ich ganz gern davon erzählen, aber ich weiß nicht, ob das wer lesen mag. Mir gehts z. B. oft so, dass ich viel zu sehr mit mir selber beschäftigt bin, als dass ich noch Energie habe, mich für andere Geschichten besonders zu interessieren. Fast so, als wäre ich da etwas abgestumpft, weil ich selber mein Päckchen zu tragen habe, und schlichtes "jammern" von andeeren nicht gut vertrage. Betroffenheit vorzugeben, weil mir da gerade jemand etwas schlimmes erzählt, vielleicht grenze ich mich da aber auch nur ab, um nicht in ein dunkles Loch abzurutschen? Es könnte sonst ja passieren, dass ich das mit meiner Geschichte vergleiche?
Die dunklen Löcher kamen anfangs regelmäßig, auch ohne Anlaß. Ich habe auf der Intensivstation jede Nacht geweint. Später wurden die Intervalle immer länger, bis das nur noch sporadisch auftrat.
Aber vorbei ist das nicht. Heute morgen erst wieder, als mir mal wieder mein verpfuschtes Leben in Erinnerung kam, mein Studium mußte ich abbrechen, eine Ausbildung konnte ich statt dessen auch nicht machen.
Das schlimme ist, ein Schlaganfall tut nicht weh (zumindest bei meinem war es so, gut Tage vorher hatte ich wohl Dauerkopfweh, aber wohl nicht wirklich schlimm, ich selber wußte das gar nicht mehr, nur meinen Agehörigen wurde das im Nachhinein klar), es wäre eine schöne Art zu sterben. Mir war im akuten Zustand einfach alles egal, ich wollte meine Ruhe haben, nur noch schlafen... Nur meistens stirbt man nicht daran. Meistens bleibt man sein restliches Leben behindert. Nun, auch viele Jahre später noch, tritt aber Besserung ein, denn das Gehirn lernt ununterbrochen neues und findet neue Wege, Verknüpfungen zu erstellen. Man darf nach einem Schlaganfall niemals die Hoffnung aufgeben, man muss nur Geduld haben. Und das ist schwer.
Plötzlich gehen die einfachsten Dinge nicht mehr! Wie bekomme ich nur Butter auf meine Semmel? Wie bekomme ich sie überhaupt aufgeschnitten, ohne mich in die Hand zu schneiden?
Ich will den Schwestern keine unnötige Arbeit machen. Also lehne ich dankend ab, als ich gefragt werde, ob man mir die Fingernägel schneiden und die Haare waschen soll. Die Haare wereden mit einem aufblasbaren Waschbecken im Bett gewaschen, das wollte ich nicht. Und die Fingernägel waren ja auch nicht nötig. Ich habe es bereut, denn die Haare wurden mir unangenehm, die Fingernägel mußte ich abkauen, weil sie lo lang wurden und mich keiner mehr fragte, ob er das für mich machen solle.
Ich schweife ab.
Der Körper ist krank, der Geist gesund. Naja fast jedenfalls. In den ersten Tagen nachdem ich wieder erwachte hatte ich massive Gedächtnisprobleme, ich erzählte meinem Besuch alles drei-, viermal. Meine Familie war darüber zutiefst erschrocken. Ich war doch erst 21 Jahre alt!
De Geist war schneller wieder fit. Und der Geist kam mit dem veränderten Körper nicht klar. Nein, nicht dass ich erschrocken war, weil ich plötzlich halbseitg gelähmt war, sondern der massive Umbruch, die Todesnähe, der Riß aus meinem bisherigen Leben...
Ich bin gut im Verdrängen. Aber leider nicht gut genug. Spätestens am Jahrestag holt es mich regelmäßig wieder ein.
Ich leide innerlich immer noch darunter.
Auch, wenn mir äußerlich fast nichts zurückgeblieben ist. Ich hatte wahnsinniges Glück. Und manchmal denke ich, genau das war mein Pech. Ich bin wieder wie vorher, aber für mich ist alles anders als vorher.
Vor 10 Jahren habe ich mal in diesen Tagen vor Weihnachten alles, an was ich mich erinnern kann aufbeschrieben.
Ich möchte das hier nicht öffentlich einstellen, aber wenn sich wer dafür interessiert, schicke ich es evtl gerne per PN. Ich schreibe evtl, weil ich mir vorbehalten möchte, wem ich das schicke. Da bitte ich jetzt schon um Verständnis für.
Der 19.12.12 kann kommen, 17 Jahre wirkt mir so unwirklich, so weit weg! Ich habe sovieles vergessen, was wirklich wichtig ist. Es gibt z.b. nichts svhöneres, als sich seine Zähne am Waschbecken putzen zu können. Soviele Selbstverständlichkeiten des Alltags sind gar nicht selbstverständlich! Und ich habe es vergessen.
Das wertvollste Gut, das wir haben, ist unsere Gesundheit. Das weiß man leider erst zu schätzen, wenn man sie verloren hat. Den Wenigsten ist es gegönnt, den Wert seiner Gesundheit schätzen zu lernen und sie dann auch wieder leben zu können! Auch das habe ich wohl vergessen.
Kicki
Eigentlich mag ich ganz gern davon erzählen, aber ich weiß nicht, ob das wer lesen mag. Mir gehts z. B. oft so, dass ich viel zu sehr mit mir selber beschäftigt bin, als dass ich noch Energie habe, mich für andere Geschichten besonders zu interessieren. Fast so, als wäre ich da etwas abgestumpft, weil ich selber mein Päckchen zu tragen habe, und schlichtes "jammern" von andeeren nicht gut vertrage. Betroffenheit vorzugeben, weil mir da gerade jemand etwas schlimmes erzählt, vielleicht grenze ich mich da aber auch nur ab, um nicht in ein dunkles Loch abzurutschen? Es könnte sonst ja passieren, dass ich das mit meiner Geschichte vergleiche?
Die dunklen Löcher kamen anfangs regelmäßig, auch ohne Anlaß. Ich habe auf der Intensivstation jede Nacht geweint. Später wurden die Intervalle immer länger, bis das nur noch sporadisch auftrat.
Aber vorbei ist das nicht. Heute morgen erst wieder, als mir mal wieder mein verpfuschtes Leben in Erinnerung kam, mein Studium mußte ich abbrechen, eine Ausbildung konnte ich statt dessen auch nicht machen.
Das schlimme ist, ein Schlaganfall tut nicht weh (zumindest bei meinem war es so, gut Tage vorher hatte ich wohl Dauerkopfweh, aber wohl nicht wirklich schlimm, ich selber wußte das gar nicht mehr, nur meinen Agehörigen wurde das im Nachhinein klar), es wäre eine schöne Art zu sterben. Mir war im akuten Zustand einfach alles egal, ich wollte meine Ruhe haben, nur noch schlafen... Nur meistens stirbt man nicht daran. Meistens bleibt man sein restliches Leben behindert. Nun, auch viele Jahre später noch, tritt aber Besserung ein, denn das Gehirn lernt ununterbrochen neues und findet neue Wege, Verknüpfungen zu erstellen. Man darf nach einem Schlaganfall niemals die Hoffnung aufgeben, man muss nur Geduld haben. Und das ist schwer.
Plötzlich gehen die einfachsten Dinge nicht mehr! Wie bekomme ich nur Butter auf meine Semmel? Wie bekomme ich sie überhaupt aufgeschnitten, ohne mich in die Hand zu schneiden?
Ich will den Schwestern keine unnötige Arbeit machen. Also lehne ich dankend ab, als ich gefragt werde, ob man mir die Fingernägel schneiden und die Haare waschen soll. Die Haare wereden mit einem aufblasbaren Waschbecken im Bett gewaschen, das wollte ich nicht. Und die Fingernägel waren ja auch nicht nötig. Ich habe es bereut, denn die Haare wurden mir unangenehm, die Fingernägel mußte ich abkauen, weil sie lo lang wurden und mich keiner mehr fragte, ob er das für mich machen solle.
Ich schweife ab.
Der Körper ist krank, der Geist gesund. Naja fast jedenfalls. In den ersten Tagen nachdem ich wieder erwachte hatte ich massive Gedächtnisprobleme, ich erzählte meinem Besuch alles drei-, viermal. Meine Familie war darüber zutiefst erschrocken. Ich war doch erst 21 Jahre alt!
De Geist war schneller wieder fit. Und der Geist kam mit dem veränderten Körper nicht klar. Nein, nicht dass ich erschrocken war, weil ich plötzlich halbseitg gelähmt war, sondern der massive Umbruch, die Todesnähe, der Riß aus meinem bisherigen Leben...
Ich bin gut im Verdrängen. Aber leider nicht gut genug. Spätestens am Jahrestag holt es mich regelmäßig wieder ein.
Ich leide innerlich immer noch darunter.
Auch, wenn mir äußerlich fast nichts zurückgeblieben ist. Ich hatte wahnsinniges Glück. Und manchmal denke ich, genau das war mein Pech. Ich bin wieder wie vorher, aber für mich ist alles anders als vorher.
Vor 10 Jahren habe ich mal in diesen Tagen vor Weihnachten alles, an was ich mich erinnern kann aufbeschrieben.
Ich möchte das hier nicht öffentlich einstellen, aber wenn sich wer dafür interessiert, schicke ich es evtl gerne per PN. Ich schreibe evtl, weil ich mir vorbehalten möchte, wem ich das schicke. Da bitte ich jetzt schon um Verständnis für.
Der 19.12.12 kann kommen, 17 Jahre wirkt mir so unwirklich, so weit weg! Ich habe sovieles vergessen, was wirklich wichtig ist. Es gibt z.b. nichts svhöneres, als sich seine Zähne am Waschbecken putzen zu können. Soviele Selbstverständlichkeiten des Alltags sind gar nicht selbstverständlich! Und ich habe es vergessen.
Das wertvollste Gut, das wir haben, ist unsere Gesundheit. Das weiß man leider erst zu schätzen, wenn man sie verloren hat. Den Wenigsten ist es gegönnt, den Wert seiner Gesundheit schätzen zu lernen und sie dann auch wieder leben zu können! Auch das habe ich wohl vergessen.
Kicki